Norbert Radermacher studierte 1973 bis 1979 an der Kunstakademie Düsseldorf. 1980 brachte ihn ein Stipendium des Deutsch-Französischen Jugendwerks für ein Jahr nach Paris, das er sich erwanderte. Dabei entstand jeden Monat eine ortbezogene Arbeit im Stadtraum. Diese Haltung und – im wörtlichen Sinne – Herangehensweise wurde prägend sowohl für die Arbeit des Künstlers, wie auch ein wesentlicher Bestandteil eines neuen Verstehens der Kunst im öffentlichen Raum in Europa. 1985 stellte Radermacher dort in der Ausstellung 1945-1985: Kunst in der Bundesrepublik Deutschland in der Neuen Nationalgalerie aus. 1987 nahm Radermacher an der documenta 8 teil. Radermacher lebt und arbeitet in Berlin.
Zahlreiche Arbeiten von Radermacher sind im öffentlichen Stadtraum platziert, „Stücke für Städte“, wie er sie nennt. Sie finden sich an Brücken, Rampen, Verkehrsinseln, Mauern – an unprätenziösen „Unorten“, wo man keine Kunst erwarten würde, installiert Radermacher Objekte, die sich auch nicht auf den ersten Blick als Kunstwerke zu erkennen geben. Radermachers „Denk-male“ wollen vom schweifenden Blick unvorbereitet gefunden werden, laden zum überraschten Innehalten ein. Man kann ihnen ebenso begegnen wie, man sie übersehen kann. Allein im Kölner Raum befinden sich 4 gemäss der städtischen Tradition der Kulturpflege vergessene und allmählich zerfallende Orte einer Kunst die sich als solche nicht a prori entblöst.
Für seine poetischen Interventionen verwendet Radermacher zumeist archetypische Formen wie beispielsweise das Gefäß, den Ring oder das Haus. Sie liefern dem Betrachter reichlich Anknüpfungspunkte, um Bedeutungen und Beziehungen zum Ort zu lesen. Eine bestimmte Bedeutung ist vom Künstler jedoch nicht beabsichtigt. Die Objekte, die er ergänzt, sind meist von geringem Materialwert: eine Holzkiste, ein kleines Betonhäuschen. Seine Objekte zeugen auch nicht von künstlerischem Gestaltungswillen: ein schwarzer Bronzering am Geländer der Potsdamer Brücke in Berlin, ein auf Lebensgröße vergrößertes Abbild eines Spielzeugpferdes, in Bronze gegossen, auf einem Fahrradparkplatz der Siemens AG, München (1992). Denn Radermacher geht es nicht darum, einen Ort zu verschönern. Vielmehr möchte Radermacher ihn um Bilder, „Urbilder“, wie er sagt, ergänzen, die ihm an diesem Ort zu fehlen scheinen.
„Gegen die Dimensionen der Stadt sind die Stücke klein. Wie der Rettungsring auf dem Ozeanriesen. Letztlich kann man sich nur daran festhalten.“
Norbert Radermacher (1987)